Abfallvermeidung im Bauwesen durch Wiederverwendung von Bauteilen – eine rechtswissenschaftlich-technische Ist-Analyse

Fördernehmer: TU Wien – Institut für Wassergüte und Ressourcenmanagement
Projektlaufzeit: 01.06.2019 – 31.10.2020
Projektart: Großprojekt

Die Wiederverwendung im Bauwesen stellt aufgrund der großen dort anfallenden Abfallmengen ein wesentliches Instrument der Abfallvermeidung dar. In vielen Studien wurde die Wiederverwendung isoliert in der Zuständigkeit des Abfallrechts untersucht. Der Gesetzgeber und die Abfallwirtschaft haben reagiert und z.B. durch die Umsetzung der RecyclingbaustoffVO neue Maßstäbe gesetzt, um Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft zu fördern. Das vorliegende Projekt geht den nächsten logischen Schritt, analysiert weitere Rechtsmaterien entlang des Produktlebenszyklus und prüft deren Konformität mit den Zielen der Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft.

Der Fokus des Projektes liegt darauf den Wiedereinsatz von Bauprodukten aus technisch-rechtlicher Sicht zu analysieren und jene Gesetzesmaterien, Verordnungen und Normen, v.a. neben dem Abfallrecht zu identifizieren, die eine Wiederverwendung im Bauwesen hemmen oder fördern.

Dem zugrunde liegt eine technisch-rechtliche Ist-Analyse in allen Lebenszyklusphasen von Bauprodukten. Daraus werden Vor- und Nachteile der bestehenden Rechtslage bezüglich der Abfallvermeidung bzw. Wiederverwendung im Sinne einer Kreislaufwirtschaft abgeleitet.

Die Untersuchung hat gezeigt, dass bereits ein Markt für gebrauchte Bauteile in Österreich besteht und zunehmend neue Akteure*innen hinzukommen welche sich sehr engagiert diesem Thema widmen. Einer flächendeckenden Umsetzung stehen aktuell jedoch sowohl technisch, wirtschaftliche wie auch rechtliche Hemmnisse entgegen.

Wenngleich mit gebrauchten Bauteilen bereits gehandelt wird, so ist der Absatzmarkt für gebrauchte Bauteile weitgehend nur für Nischenprodukte (zB historische Bauteile) auf breiter Basis vorhanden. Zum Teil kann dies durch fehlende Akzeptanz für den Einsatz von gebrauchten Bauteilen erklärt werden, eine entsprechende Bewusstseinsbildung ist daher notwendig. Ein wichtiger Schlüssel dafür ist der Bereich der Aus- und Weiterbildung, insbesondere damit zukünftige Planer*innen einerseits den Einbau von gebrauchten Bauteilen forcieren und andererseits um bei der Planung von Gebäuden den zerstörungsfreien Rückbau bereits entsprechend zu berücksichtigen (=Design for Recycling/Reuse).

Die Marktanalyse macht deutlich, dass eine Wiederverwendung aus technischer Sicht für zahlreiche Bauteile und Bauteilkategorien ohne Qualitätsminderung möglich ist und teilweise auch bereits angewandt wird. Die technische Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit ist jedoch von sehr vielen unterschiedlichen Faktoren abhängig und muss daher jeweils im Einzelfall erhoben und bewertet werden.

Die Wiederverwendung von Bauprodukten wird in den einschlägigen Rechtsmaterien, insb. dem Bauproduktenrecht, nicht explizit geregelt. Es gibt keine klaren gesetzlichen Vorgaben, unter welchen Bedingungen eine Wiederverwendung von Bauprodukten möglich ist. Zwar lässt sich aus der vorhandenen Literatur, Normen und Leitfäden ableiten, dass eine Wiederverwendung grundsätzlich möglich sein sollte, jedoch kann dies aus dem Wortlaut der einschlägigen Regelungen nicht abgeleitet werden. Daher wären klare Regelungen zu folgenden Themen wünschenswert: (i) Gültigkeit einer CE-Kennzeichnung bzw. deren Verlust durch Änderungen am Produkt (sinngemäß gilt das auch für den Bereich der nicht auf EU-Ebene harmonisiert geregelten Bauprodukte); (ii) Gültigkeit von bereits rechtmäßig in Verkehr gebrachten Bauteilen („Altprodukte“); (iii) Klare Vorgaben für Verfahren, mit denen die Grundanforderungen an Bauwerke bei „Altprodukten“ nachgewiesen werden können.

Diese Erkenntnisse können unter anderem dazu dienen, dass der Gesetzgeber die Rechtslage evaluiert und Regelungen erlässt, die die aufgezeigten Unsicherheiten „entschärfen“ können. Da die Wiederverwendung eine Querschnittsmaterie darstellt, ist hier das Zusammenwirken von verschiedenen staatlichen Stellen und Stakeholdern erforderlich.